Wie oft befinden wir uns im Leben vor Situationen, die wir selbst nicht mehr unter Kontrolle haben, die uns frustrieren und in eine Art Ohnmacht fallen lassen? Dies kann uns als Individuum betreffen oder auch als Gemeinschaft. Oft wissen wir nicht weiter und drehen uns immer und immer wieder im Kreis auf der Suche nach Lösungen, hoffen auf ein Wunder, das uns das sogenannte Loslassen erleichtert und uns unser Leben wieder leicht von der Hand gehen lässt.

Was bedeutet das Wort loslassen und was steckt dahinter? Wieso ist es so wichtig, das wir lernen loszulassen und wieso gelingt es uns oft nicht so leicht?

Etwas los-zu-lassen bedeutet erst einmal die Erkenntnis, das „es“ dir im Leben nicht dient, es dich daran hindert, glücklich zu sein oder es dich ausbremst dich selbst zu sehen. Es bedeutet auch, das du erkennst, das du dir erlauben darfst, es gehen zu lassen, weil es sich für deine weitere Entwicklung nicht lohnt daran festzuhalten.

Loslassen lernen erfordert Disziplin, Geduld und Vertrauen.

Oftmals lässt man Dinge nicht los, weil sie einen gedanklich so in Besitz nehmen, das man erst einmal nicht anders kann als daran festzuhalten. Die Angst man könnte etwas oder jemanden verlieren, das man doch im Grunde so gern behalten und festhalten möchte, blockiert, hemmt, lähmt und schwächt einen, es hindert einen daran bewusst zu sein und so zu handeln. In solchen Lebensabschnitten, so glaube ich, muss man sich erst einmal die Zeit geben, es zu erkennen. Hat man es erkannt kann man im nächsten Schritt versuchen mit sich selbst wieder in Kontakt zu treten und in sich hineinzuspüren um seine eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen, allerdings ist es auch wichtig, dem Gegenüber den nötigen Raum zu geben und auch dessen Bedürfnisse klar zu achten. Manchmal braucht es einfach Zeit um klar zu erkennen, was gerade in diesem Moment das ist, was sich zeigen möchte. Manchmal muss man lernen, das man manche Dinge, so sehr wir es uns auch wünschen, einfach nicht ändern kann, da es oft nicht in unserer Macht liegt. Dinge, die wir nicht ändern können, sind dann entweder nicht für uns gemeint oder brauchen einfach noch etwas Zeit um den Weg zu uns zu finden.

Unser Leben hier ist endlich und das wissen wir alle und doch ist es unsere größte Angst, dies anzunehmen. Wir halten an der Idee fest, das wir ja noch so viel Zeit haben um unser Leben zu leben, nehmen uns für wichtige Dinge, wie Familie, Freunde oder auch für sich selbst einfach keine Zeit, oft leben wir sogar an unserem Leben vorbei, weil wir meiner Meinung nach blind sind und unsere Prioritäten falsch setzen. So wird die Arbeit und das Geld verdienen, an erste Stelle gesetzt, ganz egal ob wir das was wir tun, von Herzen mögen oder es uns gut tut. Wir lernen zu funktioneren und haben keine Zeit mehr für das Leben selbst, vieles dreht sich um Ego, Geld und Macht. Doch es kann passieren, das man plötzlich krank wird, seine Familie aufs Spiel setzt oder ein geliebter Mensch aus diesem Leben geht. Plötzlich stehen wir vor vollendeten Tatsachen und es kommt dann die Erkenntnis, das das Leben ganz egal wie alt man ist, gelebt und genossen werden möchte. Man bedauert es, nicht mehr schöne Momente mit diesem Menschen verbracht zu haben. Da beginnen wir erst einmal überhaupt darüber nachzudenken, wir fangen an, an Erinnerungen festzuhalten, es schmerzt und wir wollen einfach oft nicht loslassen es nicht akzeptieren. Wir haben Angst, Angst an Bedeutung zu verlieren oder zu vergessen und es braucht Zeit um zu verstehen und um den Schmerz zu heilen. Es ist der Kreislauf des Lebens, nichts bleibt wie es gerade noch war, deswegen ist es wichtig, das man so viele schöne Momente kreiert um das Leben, hier auf dieser Etappe, glücklich zu leben. Wir alle sollten dankbarer sein, für all das was wir in unserem Leben haben, für die Menschen, die kommen und wieder gehen, für all die Erfahrungen, die wir hier machen dürfen. Wir alle sollten mehr auf uns selbst achten, hineinspüren ob wir wirklich zufrieden und glücklich sind und erkennen was wir für das Leben tun können. Jeder einzelne und wir alle zusammen müssen lernen, uns von den Dingen, die keinen wirklichen Wert für uns haben zu trennen. Schmerz gehört oft zum Wachstum dazu, weil es einen auf eine gewisse Art und Weise zwingt etwas zu verändern, damit dieser Schmerz von uns geht. Liebe gehört ebenfalls zum Wachsen dazu von ihr lernen wir die Leichtigkeit, sie verleiht uns Flügel, durch sie sehen wir die Schönheit, die unser Planet tatsächlich für uns bereit hält und sie lässt uns Dankbarkeit spüren.

Wenn man also lernt Dinge anzunehmen und sie dann, wenn sie uns nicht dienen, loslässt, dient es dazu Erfahrungen zu sammeln und es lehrt uns, was wir brauchen und was nicht um unseren Weg zu gehen, es dient alles unserem persönlichem Wachstum. Man lernt sich selbst besser kennen, lernt seiner Intuition zu folgen und handelt in dem Bewusstsein „alles ist gut so wie es ist“. In solchen Momenten sind wir entspannt und geniessen unser Leben, hier ist kein Raum für Selbstzweifel und Ängste. Im Grunde kann man sagen, das formt deine Persönlichkeit und daraus entsteht deine persönliche Lebenserfahrung.

Wie kann Yoga helfen?

Yoga ist eine Lebensphilsophie, die einem an sich schon sehr viele Möglichkeiten und Wege in die Hand gibt um ins Selbststudium und in die Selbsterfahrung einzutauchen. Im Yogasutra weist Patanjali darauf hin, das wir uns unsere Realität oft in unseren Gedanken erschaffen. Wir haften uns oft so extrem an unsere Gedanken, das wir dadurch unsere eigene Wahrheit, geprägt von vielen äußerlichen Faktoren, erschaffen und diese dann oft Leben. Wenn wir zu den glücklichen Menschen gehören, zu erkennen, das wir unsere Mitte verloren haben, können wir mit Hilfe der Yogapraxis versuchen unseren Weg zu ändern. Der achtgliedrige Pfad gibt uns Möglichkeiten in die Hand, wie wir wieder zu uns und zu unserer Intuition finden. Das Selbststudium und die Erfahrungen auf diesem Weg sind in Verbindung mit dem Glauben und der vollen Hingabe ein wichtiger Prozess des Wachstums. Disziplin und Selbstliebe sind äußerst wichtig gerade wenn es um die Asana Praxis geht. Da wir Menschen oft vom Grobstofflichen zum Feinstofflichen arbeiten, ist der Körper oft unser bestes Instrument um den Weg zu uns selbst anzutreten.

Auf der Matte lernst du, wo du im jetzigen Moment deines Lebens stehst, was deine Werte sind, was dich ausmacht und wo deine Grenzen sind. Die Matte kann dir zeigen, wenn du dazu bereit bist, dir für dich selbst einen Raum zu schaffen um dir die Aufmerksamkeit zu schenken, die du vielleicht im Außen so vergeblich suchst. Sie gibt dir Stabilität und Halt, wenn du lernst anzunehmen und dich dem hingibst, was jetzt bereit ist sich dir zu zeigen. Yoga beginnt, in dem Moment wo man anfängt, sich selbst zu reflektieren, sich zu lieben, darauf zu achten welche Bedürfnisse man gerade hat und diese auch nach außen zu tragen, im Einklang mit seinem Herzen zu sein und sich nicht von Ehrgeiz und Ego führen zu lassen. Hier kann Yoga dazu beitragen die Hindernisse des Lebens Schritt für Schritt aus dem Weg zu räumen.

Loslassen bedeutet nicht etwas aufzugeben, Loslassen bedeutet den Mut zu haben dem Leben und sich selbst zu vertrauen. Darauf zu vertrauen, das das Leben es immer gut mit dir meint, ganz egal wie es sich jetzt gerade für dich zeigt.